Frauen fordern oft mehr Nähe vom Partner ein und der Mann sucht eher die Distanz (doch auch die umgekehrte Rollenverteilung kommt vor). Mit den Themen Nähe und Distanz muss sich jeder in einer Beziehung auseinandersetzen. Die richtige Balance als Paar zu finden ist eines der häufigsten Themen in Beziehungen, die zu Konflikten führen. Doch gibt es überhaupt die richtige Balance?

Was ist das Nähe-Distanz-Problem?

Das Nähe-Distanz-Problem ist ein häufiges Beziehungsmuster, bei dem ein Partner mehr Nähe sucht, während der andere Distanz braucht. Die Bedürfnisse beider Partner widersprechen sich.

Der Nähe-Suchende braucht Bestätigung und Zweisamkeit, häufig ist die Frau in dieser Rolle. Sie drängt Gespräche auf und fordert Verbindlichkeit ein. Schnell entsteht das Gefühl von Unsicherheit und Vernachlässigung.

Der Distanz-Suchende braucht Rückzug und Unabhängigkeit. Für ihn kann zu viel Nähe schnell einengend wirken, warum er auf Druck oft mit Schweigen oder emotionalem Rückzug reagiert.

Das steigert die Unsicherheit der Partnerin und führt dazu, dass sie verstärkt Nähe einfordert, wodurch sich die Situation zunehmend zuspitzt.

Warum es geht nicht um Balance geht

Dass ein Paar einmal das richtige Nähe-Distanz-Verhältnis finden muss und die Sache damit erledigt ist, ist ein Mythos. Es gibt nicht das eine richtige Maß, das dann immer so bleibt. Genau diese Vorstellung, man müsse einmal dieses Gleichgewicht finden und dann gleichbleibend beibehalten, trägt mit zum Nähe-Distanz-Problem bei.

Es ist so: Es gibt Zeiten für Nähe und es gibt Zeiten für Distanz. Als Paar macht man in einer langen Beziehung viele unterschiedliche Phasen mit, die alle Auswirkungen auf Nähe und Distanz haben: Die Anfangsphase, die ganz anders ist als alles, was danach kommt, Zeiten mit persönlichen Herausforderungen, sich verändernden Lebensumständen, berufliche Veränderungen, körperliche Gesundheit, Kinder, … alles beeinflusst die eigenen Bedürfnisse nach Bindung und Autonomie.

Gerade Frauen hätten oft gerne mehr Nähe. Doch viel von diesem Bedürfnis kommt aus ihrem inneren Kind und deutet auf einen Mangel hin, den der Partner nicht stopfen kann. Für diesen Mangel sind wir selbst zuständig, nicht der Partner.

In dieser inneren Bedürftigkeit verlieren Frauen oft den Blick für die Bedürfnisse ihres Partners und machen im Druck. Um das Thema Bedürftigkeit geht es in diesem Artikel: Umgang mit Bedürfnissen mit Männern (ohne bedürftig zu sein).

Das Wichtigste ist: Nähe und Distanz sind in einer gesunden Beziehung nicht starr, sondern ständig im Fluss. Es geht darum, diese Wellen anzunehmen, statt gegen sie anzukämpfen. Es geht darum, sie mitzugehen und gleichzeitig Strategien zu entwickeln, um sich selbst zu regulieren und Phasen der Distanz gelassen auszuhalten.

Autonomie-Abhängigkeits-Konflikt
Foto von Vino Li auf Unsplash

Warum Distanz dein Freund ist

Beides, sowohl Nähe als auch Distanz hat seinen Platz in einer Beziehung. Auch gesellschaftlich wird ein Beziehungsbild propagiert, das ausschließlich die Nähe betont. Doch das ist nicht richtig und führt eben genau zu Nähe-Distanz-Problemen in Beziehungen durch Überbetonung der Nähe.

Distanz ist ebenso wichtig, vor allem für die Beständigkeit und langfristige Stabilität einer Beziehung. Gerade Frauen ist manchmal der Wert von Distanz zu wenig bewusst. Es gibt viele Situationen in Partnerschaften, in denen Distanz das Gesunde und Richtige zu tun ist.

Einige Beispiele sind, wenn:

– ihr streitet und nichts dabei rauskommt als noch mehr Streit
– er dich verletzt oder Scheiße gebaut hat
– du eine Grenze setzen willst und ihm damit sagen willst: So nicht mit mir! (Taten sprechen immer lauter als Worte)
– du mehr Respekt und Wertschätzung willst
– es langweilig und eingefahren zwischen euch ist (Dann ist der Fokus auf das eigene Leben erst einmal wichtig und nicht mehr mit dem Partner zu unternehmen.)
– das Sexleben eingeschlafen ist
– die Anziehung fehlt
– du „gemeckert“ und Vorwürfe gemacht hast, woraufhin er sich genervt zurückzieht
– er dich nicht respektiert und für selbstverständlich ansieht und deswegen nicht genug beachtet
– er deine Grenzen missachtet
– er sich zurückzieht (Damit er nicht der alleinige Herrscher über Nähe und Distanz ist. Indem er sich zurückzieht, wenn es ihm passt und dir Nähe gibt, wenn er es will, während du gefühlt keinen Einfluss hast.)
– du bedürftig geworden bist, woraufhin er sich zurückzieht, und du diesen „Schnitzer“ wieder ausbügeln willst
– du willst, dass er wieder auf dich zugeht (Er kann nur auf dich zukommen, wenn Distanz da ist. Nicht wenn du sowieso schon da bist. Es braucht den Raum dazwischen.)
– du im Dating zu viel in der männlichen Energie warst und er daraufhin etwas nachgelassen hat (was Kontakt, Bemühungen und Begeisterung angeht)
– du willst, dass er dich wieder mit einem liebevollen Blick anschaut

Foto von Ashley Smith auf Unsplash

Wie du Distanz in Beziehungen herstellst

In allen diesen Situationen würde ich immer zu Distanz raten. Wie du siehst, gibt es viele Gründe für Distanz. Und Distanz kann vieles sein:

Von einer leichten Veränderung der Routine, zu spontanen Aktionen, bei denen du etwas alleine oder mit jemand anderem unternimmst, ebenso später nach Hause zu kommen als er, ohne dass er weiß, wo du warst, verpasste Anrufe, einsilbig beantworteten Nachrichten, Urlaube alleine, (von dir) abgesagte Treffen oder auch keine oder spärliche Kommunikation für ein, zwei Tage (wenn er richtig Bockmist gebaut hat). Natürlich alles immer der Situation angemessen.

Kleine Elemente von Unvorhersehbarkeit sind ab und zu gut für die Lebendigkeit und Anziehung in einer Partnerschaft. Gerade in langfristigen Beziehungen geht oft der Funke verloren, wenn wir das Gefühl haben den anderen in- und auswendig zu kennen.

Es bringt alles Distanz rein, was beim Anderen der Eindruck entstehen lässt von: „Das kannte ich noch nicht an ihr, da weiß ich etwas über sie nicht.“ Gewohnte Abläufe zu ändern, dich anders zu stylen, neue Klamotten, zu einer anderen Zeit zur Yogastunde zu gehen als üblich, ohne ihm vorher Bescheid zu sagen etc.

Wenn du dich an Kennenlernzeiten erinnerst: Es ist genau dieses Element von etwas Unbekanntem und Neuem, das die starke Anziehung und den Reiz an Anfang auslöst.

Wann braucht es mehr Distanz?

Bei emotionaler Abhängigkeit

Es braucht definitiv mehr Distanz, wenn eine Frau sich selbst und ihre Unabhängigkeit verloren hat. Wenn sie kein eigenes erfülltes Leben mehr für sich hat. Das ist der Fall, wenn sie sich emotional total abhängig von ihm fühlt und ihre Gefühle nicht selbst regulieren kann.

Wenn sie stattdessen klammert und Druck auf ihn ausübt, weil sie möchte, dass er sich anders verhält, damit sie sich besser fühlt. Sich mit dem auseinanderzusetzen, was die Distanz hochbringt, das ist unsere eigene Aufgabe. Daran arbeite ich mit den Frauen in meinem Coaching.

Um Grenzen zu setzen und Achtung und Respekt zu bekommen

Außerdem setzen wir als weibliche Frauen Grenzen durch Distanz. Nicht indem wir bleiben und erklären und diskutieren. Das funktioniert nicht bei Männern, sie müssen die Grenze spüren und nicht hören. Distanz ist der Weg, um ihn spüren zu lassen: So geht es nicht.

Wenn Frauen ihre Grenzen nur verbal setzen, aber dennoch bleiben, senden sie widersprüchliche Signale. Ihre Worte sagen „Nein“, doch ihr Handeln signalisiert „Ja“ zu seinem Verhalten. Taten sprechen immer lauter als Worte.

Wenn er mehr Distanz und weniger Nähe braucht

Manchmal vergessen wir, dass eine gute Beziehung auch ausmacht, die Bedürfnisse des Partners nach Distanz zu respektieren. Es ist so: Wenn wir Männern geben, was sie brauchen, bekommen wir meistens ein Vielfaches zurück. Wenn ein Mann spürt, dass seine Partnerin ihm keinen Druck macht und ihm seinen Freiraum in einer Beziehung gibt, wird er:

1. Grundsätzlich weniger das Bedürfnis haben, sich zurückzuziehen und
2. Wenn er aus dem Rückzug zurückkommt, ihr umso liebevoller und wertschätzender begegnen, weil er es aus Freiwilligkeit tut. Weil seine Bedürfnisse erfüllt sind, will er jetzt ihre erfüllen.

Männer brauchen – anders als Frauen – von Zeit zu Zeit ihren Rückzug in ihre „Höhle“. Sie brauchen das mehr als Frauen. Während wir reden müssen, um Dinge zu verarbeiten brauchen Männer gerade den Abstand.

Und es muss noch nicht einmal etwas mit der Beziehung zu tun haben. Es kann auch sein, dass er Stress in der Arbeit oder etwas anderes hat, das er aber nicht besprechen will. Es bringt nichts, dagegen anzukämpfen. Frauen müssen lernen diese Bedürfnisse zu respektieren, um eine harmonische Beziehung zu führen, in der der Mann sie glücklich machen will.

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Wenn du uninteressant für ihn geworden bist

Oft werden Frauen von Männern nicht wertgeschätzt und als selbstverständlich angesehen, weil sie zu wenig Spannung und Reiz in der Dynamik erzeugen. Sie sind immer da und verfügbar. Sie sind zu nett und komfortabel.

Sie sprechen nicht ihre unangenehme Wahrheit und bringen damit etwas Unruhe und Unsicherheit in das Verhältnis, indem sie ihn fordern. Genau das braucht ein Mann aber in einer Beziehung, gefordert zu werden

Frauen brauchen Sicherheit und geben deswegen auch Sicherheit, weil es das ist, was sie gerne hätten, doch Männer brauchen Spannung. Wenn dir also Wertschätzung von ihm fehlt, bringe durch emotionale Distanz etwas Spannung und weniger Selbstverständlichkeit in die Beziehung.

Wie kann ich das Nähe-Distanz-Problem lösen?

Es fühlt sich nicht gut an, wenn alleine eine Person das Monopol über das Nähe-Distanz-Verhältnis in einer Beziehung hat. Und genau das ist der Fall, wenn der Mann der Einzige ist, der sich zurückzieht.

Daher: Bring auch du immer mal wieder Distanz rein (auch wenn dir nicht unbedingt danach ist). Es wird die eingefahrenen Muster etwas durcheinanderbringen und er wird durch Distanz, die nicht er herbeigeführt hat, auch wieder mehr auf dich zukommen.

Lass los und akzeptiere, dass ihr unterschiedliche Nähebedürfnisse habt: Je weniger wir klammern oder fordern, desto eher kommt der andere von selbst auf uns zu. Paradoxerweise bekommen wir so oft genau das, was wir uns wünschen.

Erkenne, dass du ihm wichtig bist auch an anderen Dingen: Viele Frauen zweifeln an der Zuneigung ihres Partners, weil sie seine Sprache der Liebe nicht richtig deuten. Frauen legen oft mehr Wert auf Worte. 

Dabei gibt es fünf verschiedene Sprachen der Liebe und Zeit miteinander sowie Worte der Zuneigung sind nur zwei. Männer zeigen ihre Liebe häufig eher durch Taten, wie Hilfsbereitschaft oder andere Gesten sowie Geschenke.

Und schließlich ein Punkt, der oft wiederholt wird, aber essenziell bleibt: Habe dein eigenes erfülltes Leben. Ein Mann sollte niemals dein Zentrum sein – sonst wird es früher oder später zu Nähe-Distanz-Problemen kommen.

Eine gesunde Beziehung besteht aus zwei Menschen, die jeweils ihren eigenen Fokus, Interessen und Lebensbereiche haben. Wenn der Ausgleich fehlt, entsteht eine Abhängigkeit, die auf Dauer zu Konflikten führt.

Letztlich geht es darum, Vertrauen zu entwickeln, sich selbst wertvoll zu fühlen und Nähe und Freiraum in der Beziehung bewusst zu gestalten.

 

Alles Liebe,

deine Caroline

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Beziehungscoach Caroline Höchtl
Caroline Höchtl

Beziehungs- & Singlecoach

Ich bin ausgebildeter und zertifizierter Life Coach und Bloggerin über alles zum Thema Beziehungen und Weiblichkeit. 

Ich arbeite mit Frauen, die durch Verbindung mit ihrer Weiblichkeit die Beziehung zu ihrem Partner verbessern wollen oder einen Partner anziehen wollen.

Ich lebe eine sehr glückliche und erfüllte Beziehung mit meinem Partner.

Titelbild: Foto von AJ Hemink auf Unsplash

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