Als meine Klientin – ich nenne sie jetzt mal Sophie – zu mir kam, hatte sie schlimme Auseinandersetzungen mit Ihrem Mann. Im Streit verletzten beide einander, schrien sich an und Sophie warf sogar mit Geschirr. Das führte dazu, dass ihr Mann sie im Streit oft ignorierte und sich in der Beziehung immer mehr vor ihr zurückzog.
Sie hätte sich von ihm gewünscht, dass er mit ihr redet, sich entschuldigt und sich mehr dafür interessiert, wie es ihr geht. Doch je mehr sie in diesen Konflikten in der Beziehung darum kämpfte, gesehen zu werden, desto ging er in den Rückzug.
Diese Dynamik kommt oft in meiner Arbeit mit Frauen vor: Je mehr die Frau Nähe und Gespräche einfordert, desto mehr zieht ihr Mann sich zurück. So eskaliert die Sache oft noch mehr, denn für viele Frauen ist es das Schlimmste, wenn ihre Männer sie ignorieren.
Warum ist das so, dass Menschen, die sich lieben streiten? Und nicht nur das: Oft streiten wir mit unserem Partner heftiger als mit allen anderen Personen, obwohl wir ihn doch lieben. Dafür gibt es eine psychologische Erklärung, auf die ich in diesem Artikel eingehen werde. Außerdem werde ich anhand des Beispiels meiner Klientin Sophie zeigen, wie der Weg raus aus den destruktiven Konflikten ist.
Worum streiten zwei Menschen, die sich lieben wirklich?
Als ich meine Klientin fragte, worum es für sie in diesem Beziehungsstreit ging, sagte sie, sie fühle sich nicht gesehen und alleine gelassen. Ihr Mann würde nur noch sein Ding machen und sich nicht um ihre Gefühle und Bedürfnisse kümmern. Er wäre so selten zu Hause und es schien als wäre ihm alles andere wichtiger als sie, seine Frau.
Ich sehe immer wieder, dass Frauen mit Streit Aufmerksamkeit einfordern, weil sie sich zu wenig gesehen fühlen. Leider erreichen sie damit nur das Gegenteil: Wenn Männer mit der Unzufriedenheit der Partnerin konfrontiert werden, versuchen sie vielleicht zunächst noch, es zu lösen. Doch wenn er zunehmend das Gefühl hat, er kann sie nicht zufriedenstellen, zieht er sich zurück. Ab da versucht er meist Konflikte nur noch zu vermeiden.
Das heißt, als Sophie ihren Mann mit ihrer Unzufriedenheit über die Beziehung konfrontierte, wollte sie damit erreichen: gesehen zu werden, Aufmerksamkeit und Zuwendung zu bekommen. Er dagegen wollte nur seine Ruhe haben. Es geht also bei einem Streit immer um unterschiedliche Bedürfnisse.
Und während Frauen allgemein eher der Meinung sind, man sollte sich Problemen stellen und sie ausdiskutieren, empfinden Männer das ganz anders. Dazu muss man wissen, dass Männer im Grunde ihre Frauen glücklich machen wollen. Wenn er die Frau an seiner Seite zum Strahlen gebracht und glücklich gemacht hat, macht das einen Mann unglaublich stolz. Weil er es geschafft hat.
In einem Streit in der Beziehung wird der Mann aber nur mit seiner Unfähigkeit, die Frau an seiner Seite zufriedenzustellen, konfrontiert. Das trifft einen Mann. Und weil er meistens nicht versteht, was er tun muss, um sie glücklich zu machen (ja, auch wenn sie ihm das immer wieder sagt) zieht er sich schließlich zurück.
Weil er das Gefühl hat, es sowieso nicht recht machen zu können. Und weil er nicht immer wieder mit seinem Unvermögen, sie glücklich zu machen, konfrontiert werden will. Zumal er nicht weiß, wie er es ändern kann.
Das ist der Grund warum Männer sich immer weiter zurückziehen, wenn Frauen sich immer vehementer beschweren und Vorwürfe machen. Alles, was er hört, ist: „Du bist unfähig, du bist nicht gut genug.“ So gut wie jeder von uns trägt die Wunde „nicht gut genug“ zu sein, in sich. Für einen Mann wird diese Wunde getriggert, wenn er nicht fähig ist, seine Frau glücklich zu machen.

Den Streit in der Beziehung führen zwei innere Kinder
Wenn es zu heftigen Auseinandersetzungen mit hoher Emotionalität kommt, findet zudem eine Altersregression statt. Beide Partner können nicht mehr überlegt und reguliert, wie Erwachsene agieren. Stattdessen reagieren sie auf der emotionalen Ebene wie kleine Kinder.
Sie können nicht mehr auf ihre Ressourcen als Erwachsene zugreifen und ihr inneres Kind übernimmt. Außerdem werden alte Kindheitsverletzungen reaktiviert, das erklärt die oft so extrem heftigen Gefühle und Trigger.
Es streiten nicht mehr zwei Erwachsene, die sich selbst regulieren könnten, sondern zwei innere Kinder. Die Kinder in ihnen haben beim Streit in der Beziehung nicht die Möglichkeiten wie Erwachsene. Sie können sich nicht selbst zu beruhigen, rational bleiben und ohne ihn anzugreifen mit dem Partner über ihre unterschiedlichen Bedürfnisse zu verhandeln.
Das Einzige, was ein Kind dessen Bedürfnisse nicht erfüllt sind, tun kann, ist nun mal zu schreien und zu toben. Und für die Position des anderen kann es kein Verständnis aufbringen. Leider führt das zu sehr viel Verletzungen zwischen zwei Menschen in einer Partnerschaft.
Das ist der Grund warum Menschen, die sich lieben, streiten und warum Konflikte eskalieren: Konflikte eskalieren immer, wenn beide Partner aus dem inneren Kind heraus handeln.
Den Teufelskreis bei Streit in der Beziehung durchbrechen
Um den Teufelskreis zu durchbrechen reicht es, wenn einer es schafft, aus der inneren-Kind-Position herauszutreten. Deswegen funktioniert meine Arbeit auch, obwohl ich nur mit den Frauen arbeite. Wenn einer sich ändert und dadurch das Streitmuster durchbricht, muss der andere darauf reagieren.
Es reicht, wenn einer sich reguliert und dadurch die Dynamik verändert. So können Frauen alleine die Beziehung retten. Denn auch die systemische Lehre sagt: Wenn ein Mitglied des Systems sich verändert, verändert sich das ganze System (in diesem Fall ist das System die Beziehung).
Die tiefere Ursache hinter dem Beziehungsstreit zeigt sich
Doch wieder zurück zum Fall mit Sophie: Wie lässt sich so etwas auflösen?
In der Arbeit mit dem inneren Kind fragte ich Sophie zunächst, welches Gefühl in diesen Auseinandersetzungen in ihrem Körper hochkam. Dieses Gefühl verfolgten wir bis in ihre Kindheit zurück, zu mehreren Situationen, in denen sie immer wieder von ihrer Mutter verlassen worden war.
Dieses Verlassenheitsgefühl war gleichzeitig auch der Auslöser in den heutigen Situationen mit ihrem Partner, der den Konflikt zur Eskalation brachte. Immer wenn sie sich aufgrund seines Verhaltens ähnlich fühlte wie damals als Kind mit ihrer Mutter, gab es Streit mit ihrem Mann. Ihr selbst war aber die Verbindung zu früher nicht klar, doch ihr Mann löste denselben Schmerz aus wie damals ihre Mutter.
Da sie nicht erneut alleine gelassen und ignoriert werden wollte, tat sie alles, was sie als Kind nicht hatte tun können, um gehört zu werden: Konfrontationen suchen, schreien, Geschirr werfen.
Das war die Wunde, die geheilt werden musste. Sonst wäre sie immer wieder in schlimme Konflikte mit ihrem Partner geraten, oder auch mit dem nächsten Partner. Und nur Sophie selbst kann das bei sich selbst heilen, indem sie sich um ihr verletztes inneres Kind kümmert.
Als Nächstes verbrachten wir mehrere Termine damit, ihr inneres Kind durch verschiedene Techniken zu heilen, zu versorgen, zu stabilisieren und zu beruhigen.
Diese Arbeit braucht Zeit, und es erfordert Vorbereitungszeit und Vertrauen, um Zugang zu ihrem inneren Kind zu bekommen. Deswegen biete ich in meiner Arbeit nur 3-, 6- oder 9-Monatspakete an. Alles andere ist zu kurz, um an solchen Themen zu arbeiten und nachhaltige Ergebnisse zu erzielen.

Übertragung in den Alltag mit Partner
Bereits nach ein, zwei Stunden, in denen wir uns Sophies innerem Kind widmeten, veränderte sich ihr Verhalten ihrem Mann gegenüber langsam. Wenn es jetzt einen Streit in der Beziehung gab, reagierte sie anders: Sie war in der Lage besonnen nach dem fragen, was sie braucht. Dadurch, dass jetzt die Erwachsene und nicht mehr die 7-Jährige die Zügel in der Hand hat, ist es nicht mehr eskaliert.
Außerdem ist sie weniger bedürftig, weil sie selbst ihr inneres Kind versorgte. Die Bedürftigkeit der inneren Kinder von Frauen, ist oft das, was im Partner die Abwehrhaltung hervorruft. Instinktiv und richtigerweise spürt er, dass er für dieses Bedürfnis nicht zuständig ist. Das zu versorgen kann nur sie selbst.
Nach weiterer Arbeit mit ihrem inneren Kind bleibt Sophie jetzt ruhig und löst in Ruhe und mit Bedacht zusammen mit ihrem Partner die Situation. Sie verfällt nicht mehr in das schlimme Gefühl der Not von früher, das die alte Verletzung hochbrachte. Ihre Gefühle sind jetzt die der Erwachsenen, die sich selbst regulieren kann und der Situation angemessen.
Dadurch veränderte sich auch das Verhalten ihres Partners: Er gab seine Abwehrhaltung ihr gegenüber immer mehr auf und hörte ihr jetzt wirklich zu. Insgesamt kamen sie sich wieder näher – das, was Sophie sich von Anfang an gewünscht hatte. Und wenn es jetzt doch einmal zum Konflikt kommt, sind beide einander mehr wohlgesonnen als früher und es schaukelt sich nicht mehr hoch.
Beziehungen sind Entwicklungsaufgaben, doch destruktive Auseinandersetzungen müssen nicht sein
Zwei Menschen, die sich lieben, streiten also, weil ungeheilte Verletzungen aus der Vergangenheit hochkommen. Und das tun sie, damit sie erkannt und geheilt werden können, denn Beziehungen bringen alles ans Licht. Deswegen sage ich immer, Beziehungen sind Entwicklungsaufgaben.
Doch destruktive Auseinandersetzungen, die die Beziehung und die Verbundenheit schädigen, müssen nicht sein, auch wenn Dinge hochkommen. Indem die Frauen, mit denen ich arbeite, Verantwortung für sich übernehmen und ihre alten Verletzungen heilen, kann auch die Beziehung heilen.
Dies ist nur eine Methode, wie ich im Beziehungscoaching 1:1 mit Frauen am Streit in der Partnerschaft arbeite. Im unten verlinkten Blogbeitrag über das 4-Ohren-Modell findest du eine weitere, die du auch zur Selbstreflektion nutzen kannst.
Alles Liebe,
deine Caroline
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Ich bin ausgebildeter und zertifizierter Life Coach und Bloggerin über alles zum Thema Beziehungen und Weiblichkeit.
Ich arbeite mit Frauen, die durch Verbindung mit ihrer Weiblichkeit die Beziehung zu ihrem Partner verbessern wollen oder einen Partner anziehen wollen.
Ich lebe eine sehr glückliche und erfüllte Beziehung mit meinem Partner.
Titelbild: Foto von Alexandre Chambon auf Unsplash