Fremdgehen ist nicht gleich Fremdgehen. Beim Thema Untreue gibt es ein großes Spektrum – von einem einmaligen Ausrutscher über heimliche Langzeit-Affären bis hin zu notorischen Fremdgehern.
Und wo fängt Fremdgehen überhaupt an? Muss dabei immer körperliche Nähe im Spiel sein, oder reicht auch schon eine emotionale Verbindung?
In diesem Beitrag stelle ich neun verschiedene Arten von Affären vor. Du erfährst, wie sie entstehen und was die Betreffenden dazu antreibt. Wenn du betrogen wurdest oder selbst fremdgehst – möge diese Einordnung dir zu mehr Klarheit verhelfen.
1. Emotionale Affäre
Bei einer rein emotionalen Affäre wird Nähe und emotionale Verbundenheit mit einer anderen Person geteilt – ganz ohne Sex. Es gibt viele intime Gespräche und oft fühlt sich diese Verbindung sogar näher an als die zur eigenen Partnerin.
Diese Art von Affäre entwickelt sich oft mit Frauen, die „einfach da“ waren, wie Arbeitskolleginnen oder gemeinsame Bekannte. Und aus einem Mangel an emotionaler Nähe in der Partnerschaft und/oder dem Bedürfnis, „sich gesehen“ zu fühlen.
Die Bekannte oder Arbeitskollegin hört zu, wenn der Mann seine Sorgen, Nöte und was ihn beschäftigt, teilt. Was die Partnerin oft nicht (mehr) tut, aus verschiedensten Gründen. So entstehen mit der Zeit eine starke emotionale Intimität und Nähe.
Diese Form von Untreue ist schwerer zu erkennen und wird von Männern oft abgestritten, weil ja „nichts Körperliches passiert ist“. Sie ist aber gerade für Frauen genauso verletzend wie körperliches Fremdgehen.
2. Gelegenheits- oder Ausbruchs-Affäre
Eine Gelegenheits- oder Ausbruchsaffäre ist oft ein einmaliger Seitensprung, bei dem es vor allem darum geht, kurzfristig aus dem eigenen Leben auszubrechen. (Kann aber natürlich auch länger dauern.)
Solche Affären entstehen, wenn jemand das Gefühl hat, wenig Freiheit und Selbstbestimmung in seinem Leben zu haben und viel funktionieren zu müssen.
Der Zweck dieser Affären ist, aus einem sehr eng gewordenen (Familien-)Alltag zu entkommen und sich freier oder lebendiger zu fühlen. Sie dienen als eine Art Rebellion oder Versuch, sich wieder lebendiger zu fühlen oder um Bestätigung zu bekommen.
Diese Art von Affäre wird häufiger verdrängt, bagatellisiert oder vor dem Partner verheimlicht, weil sie meist in vereinzelten Ausnahmesituationen passiert. Zum Beispiel auf Geschäftsreisen, im Urlaub oder unter Alkohol.
Es ist eine kurze, impulsive Reaktion auf das Bedürfnis, mehr „leben“ zu wollen. Sie steht häufig in keinem Zusammenhang mit einer tiefen emotionalen Bindung.
3. Notorische Untreue, der Player
Diese Art von Affäre ist nicht nur ein einmaliger Fehltritt, sondern sie spiegelt seinen Charakter als Mensch wider: Der Player ist nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht und es interessiert ihn nicht, welche Auswirkungen sein Verhalten auf seine Partnerin hat.
Es fehlt ihm an Empathie. In seiner selbstbezogenen Art und Weise denkt er, er hat ein Recht darauf, fremdzugehen und sich zu nehmen, was er will.
Für einen notorischen Fremdgänger geht es nicht um emotionale Bedürfnisse. Es geht um die Eroberung, den Nervenkitzel der Verführung und den Reiz der Jagd selbst. Dieses Verhalten wird oft von einem unstillbaren Bedürfnis nach Bestätigung getrieben und von einem verzerrten Verständnis von Männlichkeit.
Dieses Verhalten zeigt sich nicht erst in einer festen Beziehung, sondern auch bereits davor in der Dating-Phase. Frauen rate ich deshalb dringend, solche Männer frühzeitig zu erkennen und auszusortieren, weil mit ihnen keine glückliche, erfüllte Beziehung möglich ist.
Um zu bekommen, was er will, lügt und manipuliert er. Für ihn wird Verführung zum Spiel, bei dem Charme und Manipulation Werkzeuge sind, um seine Wünsche zu erfüllen. Ohne Rücksicht auf die Gefühle der Menschen, die er dabei involviert. Emotionale Nähe zählt nicht, nur das Gewinnen und die Bestätigung seines Egos.
Schuldgefühle empfindet er kaum, weil er seine Affären rationalisiert, als harmlos abtut oder die Partnerin mit seinem Charme wieder einwickelt. Selbst wenn der Vertrauensbruch aufgedeckt wird, zeigt er keine Einsicht.
Dieser Typ kann sich mit der Kategorie der durch Persönlichkeitsstörungen ausgelöste Affären, die Nr. 9 sind, überschneiden.
Die Bereitschaft, sich ehrlich mit seinem Verhalten auseinanderzusetzen, fehlt weitgehend. Denn Veränderung würde bedeuten, die eigene innere Leere und Verletzlichkeit anzuerkennen – etwas, dem der Player instinktiv ausweicht. Das führt häufig zu wiederkehrendem Fremdgehen, ohne dafür Reue zu empfinden.
Selbst wenn die Konsequenzen seines Handelns sichtbar werden, lehnt er Therapie oder Beratung ab. Es erscheint ihm unnötig und anstatt sich zu verändern, möchte er lieber seinen bisherigen Lebensstil beibehalten.
Daher ist es mit einem notorischen Fremdgänger auch nicht möglich, so an der Beziehung zu arbeiten, dass sie eine zweite Chance hätte. Er wird sich nicht ändern. Und du kannst nichts tun, um das zu erzwingen, denn seine Untreue hat mit ihm zu tun, nicht mit dir.
Es ist besser, die Beziehung loszulassen, dir Zeit zur Heilung und Aufarbeitung zu nehmen und dir später einen treuen Partner zu suchen.
4. Exit-Affäre
Eine Exit-Affäre fängt man an, weil man die Beziehung verlassen möchte. Sie ist der erste Schritt dazu, aber anstatt es direkt mit dem Partner zu beenden, wird zweigleisig gefahren. Eine Exit-Affäre entsteht meist, weil man unglücklich und unzufrieden mit der Beziehung ist.
Doch anstatt an der Beziehung zu arbeiten, um sie zu verbessern, werden Probleme und Konflikte gemieden, weil es unangenehm ist und überfordert. Doch es fehlt auch der Mut oder die Klarheit, die Partnerschaft direkt zu beenden.
Diese Art der Affäre zeigt vor allem, dass jemand nicht die Fähigkeit besitzt, mit den Beziehungsproblemen umzugehen oder offen darüber zu sprechen. Sie entsteht also aus einem Vermeidungsverhalten und weniger aus echter Anziehung zum Affärenpartner.
Das macht das Ganze aber nicht weniger schmerzhaft. Denn der Partner, der eine Exit-Affäre hat, hat bereits beschlossen, nicht an der Beziehung zu arbeiten. Er steht bereits mit einem Fuß draußen. Deswegen gibt es meistens in solchen Fällen kein Happy End.
5. Rache- oder Kompensationsaffäre
Eine Racheaffäre entsteht, wenn jemand auf den Betrug des Partners mit einer eigenen Affäre reagiert. Aus Schmerz, Wut und Traurigkeit möchte man dem anderen zeigen, wie sehr man durch sein Verhalten verletzt wurde.
Nach dem Motto: „Wenn du mir weh tust, tue ich dir weh.“ Das macht aber nichts besser, sondern führt nur dazu, dass nun noch mehr zwischen den beiden Partnern steht, das aufgearbeitet werden muss. Das erschwert die Heilung.
6. Langzeit-Parallelbeziehung
Eine Langzeit-Parallelbeziehung zählt zu den wohl extremsten Formen von Untreue. Zwei (fast) gleichwertige Beziehungen laufen nebeneinander, wodurch ein Doppelleben über Monate oder sogar Jahre entsteht.
Dahinter kann die Angst stehen, sich festzulegen und Nein zu sagen. Also die Unfähigkeit Position zu beziehen und klar zu einer Beziehung zu stehen.
Um diese Parallelstruktur aufrechtzuerhalten, ist es erforderlich viel zu lügen. Das zerstört letztendlich Vertrauen nicht nur bei einem, sondern bei allen Beteiligten nachhaltig und hinterlässt tiefe Verletzungen.
7. Virtuelle oder Online-Affäre
Virtuelle Affären erlebe ich in meiner Arbeit mit Frauen immer häufiger. Zwar kommt es nicht zum körperlichen Fremdgehen, dafür aber zum Austausch intimer oder sehr persönlicher Nachrichten – mit jemandem, der nicht der eigene Partner ist.
Manchmal kennt man sich auch im echten Leben und manchmal sind es reine Online-Kontakte, die beispielsweise über Social Media entstanden sind.
Eine Online-Affäre kann entstehen aus einem Wunsch nach Aufregung, Abwechslung, dem Bedürfnis nach einem Ego-Boost oder dem Versuch, dem Beziehungsalltag zu entfliehen.
Oft möchte man sich bestimmten Problemen in der Beziehung nicht stellen oder in der Beziehung nicht erfüllte Bedürfnisse kompensieren.
Wie auch bei einer emotionalen Affäre: Eine virtuelle Beziehung entsteht oft aus dem Bedürfnis, jemandem zum Reden zu haben, bei dem man sich gesehen und verstanden fühlt.
Auch wenn es häufig unterschätzt wird: Hier wird bereits eine Grenze in Richtung Untreue übertreten, wenn Herzchen und Likes an andere Frauen verteilt und intensiver Schreibkontakt besteht.
Zwischen den Chatpartnern entsteht eine so starke emotionale Nähe, die eigentlich exklusiv für die eigene Partnerschaft gedacht war. Virtuelle Affären können deshalb ebenso verletzend sein wie körperliche.
8. Körperliche (sexuelle) Affäre
Die wohl typischste Form der Untreue ist die körperliche Affäre, bei der es zu sexuellem Kontakt außerhalb der Beziehung kommt. Dies kann ohne tiefere emotionale Bindung sein oder auch in Kombination mit einer emotionalen Affäre.
Das Spektrum reicht von einem einmaligen One-Night-Stand bis zu heimlich organisierten, wiederholten sexuellen Begegnungen mit derselben oder verschiedenen Personen.
Auch hier kann wieder ein Bedürfnis nach Bestätigung oder nach Flucht aus dem Alltag, der Routine oder der Beziehung der Auslöser sein. Zusätzlich spielt oft sexuelle Unzufriedenheit eine Rolle, wenn das Sexleben in der Partnerschaft nicht befriedigend oder kaum noch existent ist.
Weil bei einem körperlichen Vertrauensbruch die Frage „Wo beginnt Fremdgehen?“ ganz klar mit Ja beantwortet werden kann, fühlt sich der untreue Partner oft schuldig.
9. Sonderfall: Durch Persönlichkeitsstörungen verursachte Affäre
Manche Affären entstehen weniger aus Beziehungsproblemen als vielmehr aufgrund von Persönlichkeitsstörungen. Solche Partner verändern sich nicht und machen dauerhafte Treue meist unmöglich.
Bei diesen Männern steht nicht die Beziehung im Mittelpunkt, sondern ihre tief verwurzelte Verhaltensweisen und Einstellungen.
Drei Persönlichkeitsstörungen, die oft mit Untreue in Verbindung gebracht werden, sind:
- Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Menschen mit narzisstischen Zügen fühlen sich oft berechtigt, Affären zu führen. Sie brauchen ständige Bewunderung und suchen außerhalb der Partnerschaft ständig nach neuer Bestätigung.
- Borderline-Persönlichkeitsstörung: Menschen mit Borderline können impulsive sexuelle Begegnungen haben, die aus emotionaler Instabilität und einem starken Verlangen nach Bestätigung entstehen. Sie wechseln häufig zwischen starker Bindung an ihren Partner und Abstoßung, nutzen Affären, um intensive Gefühle oder Ängste vor dem Alleinsein zu bewältigen.
- Antisoziale Persönlichkeitsstörung: Diese Personen zeigen wenig bis keine Reue, manipulieren geschickt und können auch mehrere Affären gleichzeitig führen. Ihre Lügen und Täuschungen sind meist sehr überzeugend und schwer zu durchschauen.
Mit solchen Partnern ist eine glückliche, stabile Beziehung nicht möglich, deshalb ist es wichtig, sie zu erkennen und sich von ihnen zu distanzieren.
Sie gaslighten, und bringen dadurch den Partner dazu, an sich selbst zu zweifeln. Sie leugnen Tatsachen, behaupten, der andere bilde sich Dinge nur ein, oder werfen dem betrogenen Partner Paranoia vor.
Oft schieben sie die Schuld auf den betrogenen Partner oder äußere Umstände: „Wenn du mehr auf mich achten würdest…“ und machen ihre Untreue damit klein („Es war doch nur Sex, hat nichts zu bedeuten“).
Sie geben falsche Versprechen zur Veränderung ab, ohne wirklich den Willen oder die Bereitschaft zu zeigen, an sich zu arbeiten. Notwendige Schritte zur Veränderung lehnen sie ab.
Wo fängt Untreue an? – Es hängt auch von persönlichen Grenzen ab
In diesem Beitrag hast du neun verschiedene Arten von Affären kennengelernt. Dieses Bewusstsein kann dir helfen, deine eigene Situation besser zu verstehen und einzuordnen – egal ob du betrogen wurdest oder selbst eine Affäre hast.
Die Frage „Wo beginnt Fremdgehen?“ ist aber auch sehr persönlich und individuell. Wenn du spürst, dass für dich eine Grenze überschritten wurde, ist das wichtiger als rationale Überlegungen.
Auch wenn dein Partner das vielleicht nicht nachvollziehen kann – deine Gefühle und Grenzen verdienen Respekt und Beachtung. Was für jemanden anders noch akzeptabel ist, muss es nicht für dich sein.
Nur wenn diese Grenzen von dir selbst und anderen erkannt und geachtet werden, entsteht die Möglichkeit von Heilung oder – wenn nötig – den Mut, einen neuen Weg zu gehen. Wenn du dich in dieser Situation wiederfindest und Unterstützung brauchst, bin ich gerne für dich da.
Alles Liebe,
deine Caroline
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Beziehungs- & Singlecoach
Ich bin Caroline, zertifizierter Lifecoach, und begleite Frauen zu mehr Selbstwirksamkeit und weiblicher Stärke in Beziehungen zu Männern. Im intensiven Einzelcoaching unterstütze ich dabei, hinderliche Muster loszulassen und die Basis für eine erfüllte, glückliche Beziehung zu schaffen.
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